Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg, 2025
Das Machtvakuum
Ein Theater-Experiment in Abwesenheit des Schulleiters

Fragestellung
Der Schulleiter Björn Lengwenus ist mit seiner Familie im Sabbatical in Neuseeland. Der Platz an der Spitze der Schule ist von Weihnachten bis zu den Märzferien verwaist. Und die Nachfolger bringen sich schon in Stellung.
Kann eine Schildkröte Björn Lengwenus nahtlos ersetzen? Was geschieht, wenn wir Kindern das Kommando überlassen? Und wie lange werden überhaupt noch Menschen unsere Geschicke leiten – gibt es nicht vielleicht schon längst Alternativen, die viel rationaler und effizienter sind?

Prozess
In einem 9-wöchigen theatralen Großexperiment im Machtzentrum einer der größten und bekanntesten Schulen des Landes vergeben wir die Schulleitung temporär an drei sehr unterschiedliche Nachfolger*innen.
Im Januar übernahm die bisherige Schulschildkröte des Hansa-Gymnasiums Bergedorf den vakanten Posten. Trotz ihrer langjährigen Erfahrung und ihres ruhigen und besonnen Führungsstils blieb ihre kurze Amtszeit glücklos.
Daraufhin ernannte die Schule die drei Grundschulkinder Marcel Bahr (10), Jerina Halili (10) und Celine Yeboah (9) zur neuen Schulleitung. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde damit ein Kollektiv Direktor der altehrwürdigen Schule. Die Amtszeit begann mit einigen Paukenschlägen: so schafften die Drei bereits an ihrem ersten Arbeitstag Hausaufgaben ab und erlaubten das Tragen von Mützen und Kapuzen im Unterricht. Außerdem ordnen sie an, dass in der Mensa täglich Pommes auf dem Speiseplan zu stehen hat. Auch im weiteren Verlauf setzten die drei viele wertvolle Impulse, bevor der plötzliche kollektive Rücktritt abermals für ein Personalbeben sorgte.
Die Schulaufsicht setzte daraufhin die noch in Entwicklung befindliche künstliche Intelligenz KI.ND 1.4.0. als finale Schulleitung ein. Das Ende der Menschheit in Verantwortung ist eingeläutet.

Ergebnis
Auf den ersten oberflächlichen Blick handelt es sich hier einfach nur um fröhlichen Unfug. Aber schon in der Vorbereitung und im weiteren Verlauf wurde deutlich: Es geht hier um mehr. Es geht um die Macht-Frage!
Es geht um Ordnung, Unordnung und Unter-Ordnung. Es geht darum, wieviel Seriosität braucht Macht? Wie kommuniziert Leitung? Wie trifft eine Schulleitung Entscheidungen? Wie repräsentiert ein Chef oder eine Chefin eine Institution nach außen? Und welche Erwartungen haben Schüler*innen, Mitarbeitende, Eltern oder Behörde an eine Geschäftsführung?
Das Projekt legte diese Fragen offen und rückte sie ins Zentrum der Aufmerksamkeit und löste umfangreiche Debatten innerhalb und außerhalb der Schule aus.



Gefördert durch den Projektfonds Kultur & Schule
Fotos: Nils Rohde